"Rädchen in der Zensurmaschine"

Der iPhone-Hersteller soll der Regierung in Peking sensible Bürgerdaten zugänglich gemacht haben. Das passt zu einem Konzern, der linksliberal tut, sich aber gern mit Autokraten arrangiert.

Christoph Giesen, Claus Hulverscheidt

20.05.21 SZ, Seite 25

 

 

Staatsmänner unter sich: Chinas Präsident Xi Jinping begrüßt bei einem Besuch in den USA Apple-Chef Tim Cook.

(Foto: TED S. WARREN/AFP)

Seit Sommer 2017 gilt in China ein Cybersicherheitsgesetz, das strenge Regeln für alle Sammler digitaler Informationen festlegt. Demnach müssen die Daten chinesischer Nutzer innerhalb Chinas gespeichert werden.

Für ein Unternehmen wie Apple ist das ein Problem, denn es ist außer an die chinesischen auch an die Gesetze in seinem Heimatland gebunden: Diese jedoch verbieten es amerikanischen Firmen, Daten an die Strafverfolgungsbehörden in der Volksrepublik herauszugeben. Ein Mitarbeiter von Yahoo landete in den USA wegen der Weiterleitung von Mails für Jahre im Gefängnis.

Apple hat offensichtlich einen erschreckend pragmatischen Weg gewählt: Anstatt die Server selber zu verwalten, wird diese Arbeit von chinesischen Staatsangestellten übernommen. Darüberhinaus hat der Konzern bei der Verschüsselungstechnik, mit der er Daten sonst vor den Blicken neugieriger Späher schützt, Kompromisse gemacht: Die digitalen Schlüssel werden nicht an einem anderen Ort gespeichert, sondern ausgerechnet in den Datenzentren.

Tim Cook, dem Apple-Chef, kommt zugute, dass ihm immer wieder ein Spagat gelingt, den so kein anderer Tech-Chef zustande bringt: Daheim gilt er als cooler Chef einer coolen Firma, der sich in gesellschaftspolitischen Fragen als Linksliberaler gibt und den aufrechten Datenschutzverteidiger mimt. Zugleich jedoch hat er keinerlei Scheu, hinter den Kulissen bei rechten wie linken Autokraten und Populisten zu antechambrieren, um seine Agenda durchzusetzen.

 

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