Mit Wunderwaffen

Nicht nur im eigenen Land kontrolliert China Medien und Kultur. Auch im Westen - in Museen, an Universitäten und vor allem im Kino - häufen sich Fälle von Repression und Zensur.

Lea Deuber

08.04.21 SZ, Seite 11

 

Die Produktionsfirma drehte die Neuverfilmung des Disney-Klassikers "Mulan" in der Nähe von Dörfern und Städten, in denen die Regierung mehr als eine Million Menschen inhaftiert hat und systematisch Kulturgüter zerstört.

(Foto: Jasin Boland/AP)

 

Wer Geschäfte mit Peking machen will, muss sich mit der Kritik zurückhalten. Das bekam zuletzt H&M zu spüren wegen seiner öffentlichen Kritik an der Zwangsarbeit in Xinjiang (s. auch 'Pressemitteilungen' vom 31.03.21); Läden mussten schließen, die digitale Existenz von H&M ist aus dem chinesischen Netz gelöscht, Filialen sind im Online-Kartendiensten nicht mehr eingezeichnet.

Inzwischen ist auch die weiltweite Einflussnahme auf Kultur und Medien in den Fokus der chinesischen Politik gerückt. "Der Welt Chinas Geschichte gut erzählen", lautet die Losung von Xi Jinping. Im März kündigte der Hamburger Carlsen-Verlag an, auf Drängen des chinesischen Konsulats in HH eine Stelle in seinem Kinderbuch "Ein Corona-Regenbogen für Anna und Moritz" zu streichen, in der eine Verbindung des Corona-Virus zu China zu lesen ist (s. auch 'Pressemitteilungen' von 22.03.21).

Wenn Museen und Universitäten irgendwo auf der Welt chinakritische Veranstaltungen organisieren, sollen diese gemeldet werden. Chinesische Vertretungen organisieren oft die Proteste. Betroffen von dieser Einflussnahme sind auch aus China stammende Studenten.

Den stärksten Einfluss übt China in der Filmindustrie aus, weil sich dort die inhaltliche Einflussnahme leicht mit Chinas wirtschaftlicher Macht durchsetzen lässt. Am Umsatz gemessen hat China die USA im Pandemiejahr 2020 von Platz eins verdrängt. Um Zugang zum chinesischen Markt zu erhalten, berücksichtigen Filmstudios heute genau, was die chinesische Zensur sehen will - und was nicht. Die Folge ist eine "Epidemie der Selbstzensur".

Ob die diesjährige Oscarverleihung in China ausgestrahlt wird, ist unsicher wegen der Nominierung des Films "Do not split", einer 35-minütigen Dokumentation über die Hongkonger Proteste von 2019. - Als die in Chjina geborene und in den USA arbeitende Regisseurin Chloé Zhao als erste Frau ostasiatischer Herkunft den Golden Globe für ihren Film "Nomadland" gewonnen hatte, wurde sie als "Der Stolz Chinas" in einem chinesischen Staatsmedium tituliert - bis ein Interview von 2013 auftauchte, in dem Zhang erklärt hatte, dass China ein Land sei, in dem es "überall Lügen" gebe. Der Filmtitel verschwand daraufhin aus den sozialen Medien.

 

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