Getöse zum Gedenktag

Das Land erinnert an seinen Eintritt in den Koreakrieg vor 70 Jahren. Die Pekinger Propaganda inszeniert den Konflikt als einen Überfall der Amerikaner - und als Beweis, dass China für den nächsten Krieg gerüstet sei.

Lea Deuber

29.10.20 SZ, Seite 7

 

Seit der Annäherung zu den USA in den 1970er Jahren wurde in China eigentlich vergleichsweise zurückhaltend an den Krieg erinnert. Nicht so in diesem Jahr. Die Propaganda hat den Jahrestag zu einem wochenlangen Dauerthema gemacht.

Der Koreakrieg von 1950 bis 1953 war der erste "heiße" Konflikt im Kalten Krieg. Ein Stellvertreterkrieg, in dem rund 4,5 Millionen Menschen ums Leben kamen. Auf der einen Seite die von den USA geführten Truppen der Vereinten Nationen, um das mit dem Westen verbündete Südkorea zu befreien. Auf der anderen Seite Nordkorea, das den Süden angegriffen hatte, untersützt von Chinas Soldaten.

In den USA ist der Krieg heute, trotz 37.000 toter US-Soldaten, fast gänzlich vergessen. Zu groß ist die Strahlkraft des Sieges im Zweiten Weltkrieg und die späteren Gräueltaten im Vietnam-Krieg. In China, wo der Konflikt als der "Krieg zum Widerstand gegen die USA und zur Hilfe für Korea" bezeichnet wird, lernen die Kinder bis heute in der Schule, dass China aus reiner Notwehr gegen die amerikanische Invasion in den Krieg eintrat.

Tenor des im Oktober "heroisch" gestarteten Kinofilms über den Koreakrieg "Die Aufopferung" ist, dass die USA Nordkorea unter dem Deckmantel der Vereinten Nationen überfallen hätten, China knapp an Muniton gewesen wäre, und dass China mit nicht mehr als "Freiwilligen aus dem chinesischen Volk", nur im Glauben an das Vaterland, gegen die USA in den Kampf zog und gewann.

 

 

https://www.sueddeutsche.de/politik/china-korea-usa-krieg-1.5097372