Der vergessene Verbündete

Mit der Kapitulation Japans endete vor 75 Jahren der acht Jahre dauernde Widerstandskampf der Chinesen. Warum die Rolle Chinas im Ausland fast vergessen ist und wie das Leid von damals das Land bis heute prägt.

Lea Deuber

29.08.20 SZ, Seite 9

 

Japan hat im 19. Jahrhundert im Zuge der Modernisierung und Aufrüstung damit begonnen, seinen Einfluss auf dem Festland auszuweiten. Korea und Taiwan standen schon unter japanischer Kontrolle. Da Japan unter den Folgen der Weltwirtschaftskrise 1929 litt, versuchte es, seine Verluste durch weitere Kolonisierung zu kompensieren. Am 18. September 1931, ein Datum, das jedes chinesische Kind kennt, inszenierte die japanische Armee einen Anschlag auf die Südmandschurische Eisenbahn in der Nähe der Stadt Mukden und nutzte diesen Anschlag als Vorwand für den Einmarsch in die Mandschurei.

Japan dehnte seinen Einfluss in China weiter aus. Die japanische Armee war modern und hochgerüstet; ihr hatte China wenig entgegenzusetzen. Außerdem war die Nationale Armee von Chiang-Kai-Scheck in bürgerkriegerische Auseinandersetzungen mit den Kommunisten verwickelt. Ein Gefecht zwischen japanischen und chinesischen Soldaten im Juli 1937 löste dann den japanisch-chinesischen Krieg aus.

Von dem Krieg ist im Westen wenig bekannt. Vielleicht noch das Massaker von Nanjing, der damaligen Hauptstadt der Kuomintang, als nach der Einnahme durch die Japaner zwischen 200.000 bis 300.000 Menschen starben. Die Strategie der Japaner war so aggressiv, dass chinesische Soldaten sich gezwungen sahen, Dämme des Gelben Flussen zu brechen, um den japanischen Vormarsch zu stoppen. Dabei kamen eine halbe Millionen Menschen ums Leben.

Nach Japans Angriff auf Pearl Harbor traten die USA in den Krieg ein; ihre Strategie war, China im Krieg zu halten, um japanische Kräfte zu binden. Vier Jahre nach Kriegsende verlor Chiang-kai-Check die innerchinesische Auseinandersetzung. Mit dem Sieg des Kommunisten Mao wurde China nun zu einer Bedrohung für den Westen.

Die Angst vor erneuter Instabilität und Schwäche ist keineswegs nur parteipolitische Propaganda, sondern ist Teil der chinesischen Identität. Die Erinnerung an den Krieg ist noch ausgesprochen wach. Chinesen besuchen auch heute noch zahlreich die verschiedenen Gedenkstätten, so unter anderem auch in Harbin, wo der Krieg begonnen hatte. Hier war auch die Einheit 731, im Westen kaum bekannt. Die wird auch als das 'Auschwitz Asiens' bezeichnet, da hier viele Tausende Zivilisten und Kriegsgefangene den Menschenversuchen erlegen sind.

 

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