Das Schwert des Sieges schärfen
In der Volksrepublik ist eine Art Impfstoff-Nationalismus ausgebrochen. Tabubrüche bei der Forschung werden geduldet.
Lea Deuber
10.08.20 SZ, Seite 2
Es ist eine Ehre, Hilfe dabei zu sein, das Schwert des Sieges zu schärfen. So erklärte das chinesische Pharmaunternehmen Sinopharm die 'Opferbereitschaft' von 30 Mitarbeitern der Firma, sich ohne staatliche Genehmigung den eigenen Corona-Impfstoff spritzen zu lassen. Es gibt mehrere vergleichbare Aktionen bei anderen chinesischen Firmen, die an einem Impfstoff arbeiten.
Tabubrüche werden von Peking geduldet; denn der erste Corona-Impfstoff, und dazu noch 'Made in China', wäre nicht nur ein wisschenschaftlicher, sondern auch ein politischer Erfolg. Peking macht die Virusbekümpfung auch zu einem Wettkampf der Systeme; Peking stellt die chaotische Lage in den USA als Beleg für die Überlegenheit des Sozialismus dar.
China hat bei der Impfstofferforschung die Nase vorn; aber bei der niedrigen Zahl an Neuinfektionen fehlen den Forschern die Teilnehmer für die Phase 3 Studie mit mehren Hundert bis Tausend Probanden. Sinupharm hat deswegen eine entsprechende Studie in Abu Dhabi mit 15000 Freiwilligen im Juli begonnen. Ein anderes chinesisches Unternehmen testet in Brasilien.
Experten gehen davon aus, dass die Impfung in China verpflichtend sein wird, um die Diskussion um die Sicherheit nicht aufkommen zu lassen. Das Vertrauen in die Kontrollbehörden ist gering wegen immer wieder vorkommender Skandale (vergiftetes Milchpulver, vergammeltes Fleisch und mehrfache Impfskandale).
https://www.sueddeutsche.de/politik/china-das-schwert-des-sieges-schaerfen-1.4993761