Eochales Risiko

Das Reich der Mitte will die Corona-Krise nutzen, um seine Macht auszubauen. Die EU sollte nicht naiv sein: Dies ist eine epochale Herausforderung.

Anders Fogh Rasmussen*

03.04.20 SZ, Seite 5 (Gastbeitrag)

China versucht aktuell, die Corona-Krise zu seinem geopolitischen Vorteil zu nutzen. PR-Maßnahmen wie der Einsatz von Experten und Hilfsgütern in Koombination mit einer Desinformationsoffensive sollen Zweifel am Ursprung des Virus aufkommen lassen.

China setzt dabei weiterhin auf strategische Investitionen und Privatisierungen in den notleidenden Volkswirtschaften in der Peripherie der Euro-Zone wie in Griechenland, wo  Chinas Schifffahrtsriese Cosco den Hafen Piräus übernommen hatte - mit Konsequenzen für ganz Europa, da Griechenland die Verurteilung Chinas durch die EU wegen des aggressiven Verhaltens im Südchinesischen Meer wiederholt blockiert oder verwässert hat.

Griechenland ist kein Einzelfall. China weitet seine strategischen Investitionen in einigen Balkanstaaten wie auch in der Ukraine aus mit Schwerpunkt Hochtechnologie und Infrastruktur. Aktuelle Beispiele sind die Modernisierung des Hafens von Odessa, die Übernahme des Luft- und Raumfahrtunternehmens Motor Sich, der Bau einer wichtigen Brücke in Kroatien oder einer Autobahn in Montenegro.

Die Abwehrmöglichkeiten der EU müssen dringend verschärft und das Gleichgewicht der Volkswirtschaften wieder hergestellt werden. Die Benachteiligung europäischer Firmen ist eklatant: im Vergleich zu 2015 haben die chinesischen Direktinvestitionen 2016 in Europa um 77% zugenommen; umgekehrt gingen die europäischen Investitionen um 25% zurück, da den europäischen Firmen der gleichberechtigte Zugang in China verwehrt wird.

Spanien kontrolliert bei ausländischen Investitionen von außerhalb der EU oder Efta, ob Kontrollen wichtiger Bereiche verloren gehen könnten. Deutschland diskuitiert ähnliche Maßnahmen. Diese Schutzmaßnahmen müssen innerhalb der EU ausgedehnt werden.

https://www.sueddeutsche.de/politik/anders-fogh-rasmussen-china-europa-corona-1.4892275

* Rasmussen war Ministerpräsident von Dänemark und von 2009 - 2014 Nato-Generalsekretär